Erschienen in Sicherheitsbeauftragter 6/2021
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Sobald im Sommer die 30-Grad-Marke überschritten wird, geht es im Büro heiß her. Angestellte lechzen nach einer Klimaanlage und behelfen sich mit Ventilatoren auf und unter dem Schreibtisch. Haben Arbeitnehmer bei hochsommerlichen Temperaturen ein Recht auf eine Klimaanlage? Und wie vertragen sich Klimaanlagen und das Corona-Virus miteinander?

Die gute Nachricht: Arbeitgeber sind laut Arbeitsstättenverordnung verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu veranlassen, um den Arbeitnehmern bei Lufttemperaturen ab 30 Grad und aufwärts Erleichterung am Arbeitsplatz zu verschaffen. Die schlechte Nachricht: Das Recht auf eine Klimaanlage gehört nicht dazu. Aber vielleicht ist das wiederum auch eine gute Nachricht. Doch fangen wir vorne an:

Gesundheitliche Risiken bei Hitze

Ist die Lufttemperatur geringer als die Hauttemperatur (Mittelwert ca. 32 °C), wird die Haut abgekühlt. Ist sie höher, wird dem Körper Wärme zugeführt. Bei Überforderung der Wärmeregelmechanismen kann es zu einem Kreislaufversagen (Hitzekollaps) kommen. Starkes Schwitzen kann zu einem ausgeprägten Salzmangel führen, der sich durch Kopfschmerz, Schwindel, Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen bemerkbar machen kann. Erhöhte Reizbarkeit (Hitzekoller) und Muskelkrämpfe (Hitzekrämpfe) können ebenso auftreten wie Herzrasen und Blutdruckabfall, was zu Verwirrtheit und Ohnmacht führen kann. Die notwendigen Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers unterscheiden sich in technische Maßnahmen(z. B. Jalousien, Ventilatoren) und organisatorische Maßnahmen (z. B. Lüften, angepasste Arbeitszeiten).

Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers:

  1. a) effektive Steuerung des Sonnenschutzes (z. B. durch UV-Folien/Jalousien an Fenstern/Glaswänden vor starker Sonneneinstrahlung schützen)
  2. b) effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen (z. B. Nachtauskühlung)
  3. c) Reduzierung der inneren thermischen Lasten (z. B. elektrische Geräte nur einschalten, wenn sie benötigt werden)
  4. d) Lüftung in den frühen Morgenstunden (querlüften, sodass verbrauchte Luft/Kohlendioxid nach draußen transportiert wird und kühle Luft hineingelangt)
  5. e) Nutzung von Gleitzeitregelungen zur Arbeitszeitverlagerung (z. B. Arbeiten in den frühen Morgenstunden erlauben und Hitzepause als Entwärmungsphase ermöglichen)
  6. f) Lockerung der Bekleidungsregelungen (z. B. kurze Hosen und kurzärmlige Oberteile gestatten)
  7. g) Bereitstellung kostenloser, geeigneter Getränke (z. B. Trinkwasser)

Angestellte können zusätzlich personenbezogene Maßnahmen umsetzen. Bspw. durch das Tragen luftiger Kleidung, das Anpassen der Trinkgewohnheiten oder das Kühlen von Handgelenken/Nacken mit einem feuchten Tuch.

Klimaanlage – auf die Wartung kommt es an

Die einen können direkt im Luftzug davorsitzen, die anderen können die trockene Luft nicht vertragen. Falls der Arbeitgeber eine Klimaanlage vorhält, muss diese regelmäßig eine Hygieneinspektion durchlaufen. Denn schlecht gewartete Klimaanlagen sind ein Paradies für Pilze, Bakterien und Keime, die sich dort aufgrund der Feuchte ansiedeln können. Mit dem Einschalten der Klimaanlage, kommt dann zusammen mit der angenehm kühlen Luft auch ein Schwall an gesundheitsschädigenden Keimen dazu. Werden diese Keime eingeatmet, können Menschen erkranken – z. B. an der sogenannten Befeuchterlunge, die durch eine Entzündung der Lungenbläschen hervorgerufen wird. Auch Legionellen-Infektionen sind durch die vernebelte Luft aus Klimaanlagen möglich.

Ein erstes Indiz für eine nicht ordnungsgemäße Reinigung und Wartung ist ein muffiger Geruch bei laufender Klimaanlage. Mein Tipp: Auch Klimaanlagen in Dienstwagen müssen regelmäßig gewartet werden. Schalten Sie die Klimaanlage immer einige Minuten vor Fahrtziel aus, damit die Restfeuchte im Auto durch die normale Lüftung abgezogen werden kann. So bilden sich erst gar keine Keime.

Klimaanlage und Corona-Virus?

Laut Empfehlung des Robert-Koch Instituts (RKI) sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf die Nutzung einer zentralen Klimaanlage am Arbeitsplatz unter den aktuellen Corona-Bedingungen vorerst verzichten. Zumindest, wenn diese zentrale Klimaanlage die Raumluft lediglich umwälzt und es durch eine Fehlströmung zu einem Luftaustausch mit anderen Räumen kommen könnte. Es ist zudem möglich, dass das Corona-Virus über zentrale Lüftungseinrichtungen im Gebäude verteilt und übertragen werden kann. Bei dezentralen, mobilen Klimaanlagen hingegen, wird die Gefahr einer Ansteckung über die Aerosole geringer eingeschätzt, weil es sich hier nur um einen begrenzten Raum handelt, in dem die Luft gekühlt wird. Klimaanlagen mit eingebautem Hochleistungsabscheidefilter (HEPA-Filter), können Viren aus der Luft filtern. Solche dreistufigen Anlagen fanden sich bislang in Krankenhäusern, wo es auf hohe Keim- und Partikelarmut ankommt. Heute werden sie auch immer mehr in Schulen und Büros eingesetzt.

Viel trinken kühlt von innen

Zwei bis drei Liter Flüssigkeit sollten gesunde Erwachsene pro Tag zu sich nehmen, wobei 1,5 Liter getrunken werden und der Rest über feste Nahrung aufgenommen wird. Bei großer Hitze brauchen wir schnell mehrere Liter, weil wir mehr schwitzen und viel Flüssigkeit verlieren. Aber bitte nicht gleich eiskalte Getränke runterstürzen, denn diese muss der Körper erst auf seine normale Temperatur von circa 36,7 Grad aufheizen. Um die kalte Flüssigkeit zu erwärmen, wird unser Stoffwechsel aktiviert. Die Folge: Wir schwitzen noch mehr. Die besten Durstlöscher bei Hitze sind Leitungswasser, Mineral-, Quell- und Tafelwasser sowie ungezuckerte Früchte- und Kräutertees. Gemüsesäfte und mit Wasser verdünnte Obstsäfte liefern zudem wichtige Vitamine und Mineralstoffe.

Sie sehen: Auch ohne Klimaanlage am Arbeitsplatz können Sie gut durch die heißen Tage kommen. Bewahren Sie einen kühlen Kopf und bleiben Sie gesund. 

Infokasten

Kein hitzefrei – das gilt bei diesen Temperaturen im Büro*

35°C und mehr: Ohne weitere Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers ist ein Raum bei dieser Lufttemperatur nicht mehr als Arbeitsraum geeignet.

30°C und mehr: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, durch Maßnahmen wie Lüften, kühle Getränke, Hitzepausen oder angepasste Arbeitszeiten für Abkühlung bei der Arbeit zu sorgen.

26°C und mehr: Um eine Gesundheitsschädigung für ihre Angestellten zu vermeiden, sollten Arbeitnehmer schon jetzt freiwillig erste Maßnahmen zur Hitzeerleichterung anbieten.

*nach Technische Regel für Arbeitsstätten, ASR A3.5 Raumtemperatur