Wie sieht die Altersstruktur in Ihrem Betrieb aus? Gibt es bereits mehr Mitarbeiter über als unter 40 Jahren? Das Durchschnittsalter in Betrieben wird weiter zunehmen – der demografische Wandel schreitet voran. Es gilt das Leistungspotenzial dieser älteren Beschäftigtengruppe gezielt zu erhalten und auszubauen – ebenso wie ihre Gesundheit. Und vor allem mit Vorurteilen aufzuräumen, denn Ältere sind im Durchschnitt weder häufiger krank noch weniger leistungsbereit.

Bis zum Jahr 2050 soll die Lebenserwartung von Frauen laut Statistischem Bundesamt voraussichtlich auf 84 Jahre steigen, bei Männern auf ca. 78 Jahre. Wir werden demnach immer älter – medizinischer Fortschritt, eine gesündere Lebensweise und steigender Wohlstand sind dafür verantwortlich. Die höhere Lebenserwartung sorgt gleichzeitig dafür, dass wir immer länger arbeiten können und dank höherem Renteneintrittsalter auch müssen. Mit Blick auf die arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung und Beratung ist es für Unternehmen wichtig, dass sich alle Maßnahmen darauf ausrichten, im Betrieb gesunde, leistungsfähige und motivierte Mitarbeiter zu beschäftigen – und zwar unabhängig vom Alter. Um jedoch alle Mitarbeiter zu erreichen, sind auch gezielte Angebote für ältere Beschäftigte notwendig. Denn gerade ihre Erfahrung und ihr Wissen sind in Zeiten des Fachkräftemangels ein hohes Gut, auf das kein Unternehmen leichtfertig verzichten kann.

Alternde Belegschaft kränkelt mehr?

Immer wieder hört man, dass älteren Beschäftigten ein höherer Krankenstand nachgesagt wird. Fakt ist: Im Alter nimmt nicht die Häufigkeit an Erkrankungen zu, wohl aber deren Dauer. Ein älterer Mensch benötigt bspw. bei einer Grippe mehr Zeit, um sich zu erholen und wieder arbeitsfähig zu sein als ein jüngerer Mensch. Ältere erkranken jedoch nicht öfter an Grippe als Jüngere. Allerdings steigt mit dem Alter das Risiko von altersbedingten chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die in einer alternden Gesellschaft für immer mehr Menschen relevant werden.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) hat in einer Studie folgende Erkrankungen als Hauptanlässe für Arbeitsunfähigkeit bei über 50-jährigen Beschäftigten herausgestellt:

  • Muskel- und Skeletterkrankungen (MSE)
  • Herzkreislauferkrankungen
  • Verletzungen
  • Atemwegserkrankungen
  • Psychische Erkrankungen

Altersbedingte Verschleißerscheinungen

Am häufigsten kommen bundesweit mit rund einem Viertel Muskel- und Skeletterkrankungen (MSE) bei den über 50-jährigen Beschäftigten vor. Darauf folgen Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, allgemeine Verletzungen sowie Erkrankungen der Atemwege und psychische Erkrankungen in abnehmender Häufigkeit. Die Erkrankungen sind dabei nicht nur eine Folge des Alters, sondern häufig auch gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen geschuldet, mit denen Beschäftigte in ihrem Berufsleben oft lange konfrontiert waren. Oft sind es einseitige und belastungsintensiven Arbeitsbedingungen, die zu Verschleiß im Alter führen.

Um die Leistungs- und Beschäftigungsfähigkeit einer alternden Belegschaft sicherzustellen, ist neben der optimalen Gestaltung der Arbeitsplätze auch die optimale Gestaltung der Arbeitsorganisation wichtig. Hier kann es mit Blick auf ältere Beschäftigte einige Besonderheiten geben, die sich als alterskritische Gefährdungen und Belastungen zeigen. So kann ein Arbeitsplatz zwar vorschriftsmäßig ausgeleuchtet sein, für Ältere jedoch damit immer noch ungenügend beleuchtet sein. Hier gilt es im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung den Blick zu schärfen und genau hinzusehen, ob sowohl jüngere als auch ältere Mitarbeiter gleichermaßen in der Arbeitsplatzgestaltung berücksichtigt werden. Auch beim Betrieblichen Gesundheitsmanagement sollten Angebote sowohl jüngere als auch ältere Mitarbeiter ansprechen.

Stärken älterer Mitarbeiter schätzen und nutzen

Vielleicht haben Sie auch schon vom Defizit-Modell des Alterns gehört, das von einer verminderten Lern- und Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer ausgeht. Ältere werden demnach für weniger kreativ und innovativ sowie als nicht so belastbar wie ihre jüngeren Kollegen gehalten. Sicher bringt z. B. die Digitalisierung neue Anforderungen mit sich, die vielleicht für ältere Mitarbeiter mehr Weiterentwicklung erforderlich macht als bei jüngeren Kollegen, doch können Ältere ebenfalls punkten. Sie verfügen meist über jahrelange Erfahrung und Routine im Arbeitsalltag, die sie an nachfolgende Generationen, z. B. als Ausbilder, Mentor etc. weitergeben können, sofern ihnen die Wertschätzung und Möglichkeit dafür gegeben wird. In vielen Unternehmen hat sich der Einsatz von altersgemischten Teams positiv ausgewirkt – hier können unabhängig vom Alter alle Beschäftigten ihre Fähigkeiten einbringen und gemeinsam ihre Potenziale weiterentwickeln. So wird zugleich auf Erfahrung und Routine der Älteren gesetzt und die Jüngeren können ihre Kreativität und frischen Wind einbringen. Und nicht zuletzt freut sich das Unternehmen über positive Entwicklungen.

Fazit: Durch lebenslanges Lernen, die Integration aller Altersgruppen in die betriebliche Weiterbildung und ein auf Jung und Alt ausgerichtetes Betriebliches Gesundheitsmanagement bleiben in einer insgesamt alternden Belegschaft die Mitarbeiter gesund, leistungsfähig und motiviert – egal, ob über 40 oder darunter.

 

Weitere Informationen

Demografischer Wandel in der Arbeitswelt – Ein fachübergreifendes Monitoring

 

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