Wenn eine Kollegin auf der Arbeit keine Luft mehr bekommt, fällt das im Kollegenkreis schnell auf und es kann unmittelbar geholfen werden. Wenn ein Kollege allerdings weder ein noch aus weiß, bekommt das vielleicht niemand mit. MHFA-Helfer im Betrieb sollen das ändern.
Erste Hilfe für die seelische Gesundheit
Psychische Erkrankungen nehmen in Deutschland zu – von Angststörungen, Depressionen bis hin zur Sucht. Das eigentliche Problem: Betroffenen sind ihre psychischen Erkrankungen nicht anzusehen. Aussagen wie “Die war doch immer so gut gelaunt” oder “Das hätte ich bei dem nie gedacht”, kommen nicht von ungefähr. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe wirbt aktuell in einer großen Kampagne genau mit diesem Ansatz: “Auf den ersten Blick sind Depressionen schwer zu erkennen.”
Wer psychische Probleme hat, lässt diese nicht im privaten Umfeld, sondern wird auch auf der Arbeit davon beeinflusst. Wenn dort noch steigender Leistungsdruck, ständige Erreichbarkeit oder persönliche Schwierigkeiten mit einer Führungskraft hinzukommen, kann das das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen bringen.
Psychische Erste Hilfe im Betrieb: MHFA-Helfer
“Welche professionelle Hilfe kann ich einer Kollegin empfehlen, die überfordert wirkt, sich häufig krankmeldet und über ständige Sorgen klagt?” Wie gehe ich mit einem Kollegen um, der nach einer Trennung immer häufiger trinkt?”
Während körperliche Erste Hilfe in Unternehmen längst etabliert ist, fehlt es oft an Strukturen für den Umgang mit seelischen Notfällen. Hier setzt das Konzept der „Mental Health First Aid“ (MHFA) an. MHFA ist mit einem Erste-Hilfe-Kurs vergleichbar, bei dem Laien nicht die stabile Seitenlage oder Reanimationsmaßnahmen erlernen, sondern psychische Krisen oder Probleme bei anderen Menschen zu erkennen, angemessen zu reagieren und professionelle Hilfe zu vermitteln. In Deutschland wurde MHFA vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim ins Leben gerufen. Seit 2020 wird daran gearbeitet, ein deutschlandweites Erste-Hilfe-Netzwerke für psychische Gesundheit aufzubauen. Ursprünglich stammt das MHFA-Konzept aus Australien.
Was spricht für MHFA-Helfer im Unternehmen?
MHFA-Helfer können:
- frühzeitig Warnsignale psychischer Belastungen erkennen
- betroffene Mitarbeitende aktiv ansprechen und unterstützen
- den Weg zu professioneller Hilfe erleichtern
- zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen beitragen
Unternehmen profitieren:
- Reduzierung von Fehlzeiten durch frühzeitige Intervention
- Stärkung der Unternehmenskultur durch eine offene Kommunikation
- Erfüllung gesetzlicher Anforderungen im Arbeitsschutz
MHFA-Ersthelfer ausbilden
Wichtig: MHFA-Helfer ersetzen keine Fachkräfte. Sie sind nicht in der Lage Betroffene zu therapieren, sondern helfen ihnen dabei professionelle Unterstützung zu finden. Unternehmen, die im Rahmen ihres ganzheitlichen Betrieblichen Gesundheitsmanagements auch MHFA integrieren möchten, sollten interessierte Mitarbeitende schulen lassen und für klare Rollen und Zuständigkeiten sorgen.
Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz
Das Konzept MHFA bietet Unternehmen eine niedrigschwellige Möglichkeit, die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu fördern und ein unterstützendes Arbeitsumfeld zu schaffen. Neben der Förderung einer ausgeglichenen Work-Life-Balance, Stressmanagement und gesundheitsfördernden Maßnahmen wie gesunder Ernährung in der Kantine oder Betriebssport nach Feierabend, sollten Arbeitgeber die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden nicht nur im Hinterkopf, sondern in zunehmend herausfordernden Zeiten, stärker im Fokus haben.
Telefonseelsorge
Tel: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 täglich rund um die Uhr, kostenfrei, anonym Mail- und Chat-Beratung: Online Telefonseelsorge
Woche der seelischen Gesundheit
Vom 10. bis 20. Oktober 2025 findet deutschlandweit die jährliche Woche der seelischen Gesundheit statt. In diesem Jahr unter dem Motto: „Lass Zuversicht wachsen – Psychisch stark in die Zukunft” Zur Webseite der Aktionswoche
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Foto: unsplash_charlesdeluvio
Stand: Mai 2025